Freitag, 28. Januar 2011

REZENSION: Schlafen bei Licht

Ich stehe vor dem Problem, von einem Autor, ein Buch zugeschickt bekommen zu haben, das - um es gelinde auszudrücken - überhaupt nicht meinen Geschmack getroffen hat. Ich kann und werde es aber auf keinen Fall schön reden. Ehrliche Rezensionen sind mir wichtiger.



Autor:     Wolfgang A. Gogolin
Seiten:    137
Verlag:   Mohland


Kurzinhalt:


Der Beamte der Finanzbehörde Torsten Burmester liegt nach einem Unfall im Krankenhaus. Während sein Freund Mark vor allem Krankenschwester Anja „zum Flachlegen“ findet, nutzt Torstens Freundin Silke den Krankenbesuch, um ihm nach 3 Jahren Beziehung den Laufpass zu geben. Torsten muss sein Leben neu gestalten.


Meine Meinung:

Ich war mehrmals versucht, das Buch in eine Ecke zu werfen und gleich zu vergessen. Aber dafür hat es mich auch viel zu sehr (im negativen Sinne) aufgeregt und das muss ich hier auch loswerden.

Fast auf jeder Seite erfährt der Leser, dass es bei Torsten um einen Beamten handelt – verbunden mit sämtlichen Klischees, die man in Zusammenhang mit diesem Berufsstand kennt. Oder nun dank Gogolin kennen lernt.

Man fragt sich, ob der Autor eine gewisse Abneigung gegen Beamte hegt oder hier langsam schon eine Satire schreibt.

Aber dafür bleibt das gesamte Buch zu oberflächlich.

Silke verlässt Torsten, der denkt eigentlich nie wirklich darüber nach. Oder trauert groß. Frei nach dem Motto: Okay, dann halt die nächste. Man sollte doch annehmen, dass eine 3jährige Beziehung mehr Spuren hinterlässt. Stattdessen packt er all ihre Sachen in eine Sporttasche und damit offenbar auch alle Emotionen für sie – und verabredet sich gleich mit besagter Schwester Anja.

Wirklich grausam wird es, als Beziehungen auch noch mit geordneten Abläufen bei Beamten verglichen werden, ja besagter Beamter sogar der Meinung ist, bestimmte Beziehungen könnten nicht mit seinem Amtseid korrespondieren.

Aha. Welch wertvolles Bild wird hier doch von (vermeintlichen?) Beamten vermittelt.

Eigentlich verwunderlich, dass sich das „Schlafen bei Licht“ nicht auch noch auf den schlafenden Beamten im Dienst bezieht. Aber vielleicht soll es das ja, schließlich betreibt Torsten das auch in diesem Buch.

Titelgebend dürfte aber ein Traumata sein, das dazu führt, dass Torsten nachts zu Hause bei Licht schlafen muss. Aber das spielt eigentlich nur am Rande eine Rolle und soll dem gebeutelten Beamten wohl eine gewisse Tiefe verleihen. Das ist leider völlig misslungen!.

Freund Mark – offenbar das klare Gegenstück zu den „geordneten Verhältnissen“ – toppt die Sammlung der Klischees in diesem Buch noch. Als Vater zweier kleiner Kinder (wobei dem Leser auch gleich gesagt wird, dass Mark – hätte er noch mal die Chance – sich gegen 2 Kinder entscheiden würde) nennt er seine Frau nur „Mutti“, während er selbst (vor allem verbal) permanent hinter anderen Frauen her ist, sich in seiner Freizeit mit Torsten zulaufen lässt und einen frauenfeindlichen Spruch nach dem anderen ablässt.

Der Playboy ist bei beiden Pflichtlektüre.

Schließlich wollen Frauen nur flachgelegt werden. Und bei Torsten nur Kinder bekommen. Deswegen versteht er auch gar nicht, dass Silke auch noch was anderes vom Leben wollte. Ich kann sie sehr gut verstehen!

Erwähnenswert auch noch Torstens Mutter, die für ihren (bitte wie alten Sohn?) noch fleißig die Wäsche wäscht.

Das kann alles unmöglich ernst gemeint sein?!


Fazit:

Was für „interessante“ Protagonisten. Was für ein völlig überholtes Menschenbild. Oder bewege ich mich einfach in anderen Kreisen?

Grausam!



8 Kommentare:

  1. Hallo! :-)
    Ich bin durch die Geschichte-Challenge auf deinen Blog gestoßen und lese hier seit einem Weilchen mit. Also hier mal ganz allgemein: Ein sehr schöner Blog und tolle Rezensionen. Und damit auch gleich zu dieser: Ich finde es gut, dass du dich entschieden hast, eine ehrliche Rezension zu schreiben. Wenn man ein Buch vom Autor selbst bekommt, ist das natürlich eine schwierige Sache. Trotzdem halte ich Ehrlichkeit für wichtig und wertvoll (es gibt ohnehin schon zu viele Blogs, wo man praktisch nur "Oh, sooo toll!"-Rezis findet), und deine Kritik ist ja auch konstruktiv und begründet.
    Also: Danke dafür und für deinen wirklich interessanten Blog, den ich sicher weiter verfolgen werde. :-)
    Liebe Grüße,
    Neyasha

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  2. @ Neyasha

    Vielen, vielen Dank für denZusruch! Freue mich sehr darüber und hoffe, dass Du hier weiterhin gern vorbeikommst!

    LG,
    JED

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  3. Hallo meine Liebe,

    eieie... Erstens, auch ich finde es gut wenn man ehrlich ist. Was würden denn die rezis sonst bringen?

    Zum Buch... Autsch, das scheint ja wirklich nicht grade ein gelungenes Buch zu sein. Ich hoffe der Autor kann damit leben, also mit deiner Meinung, meiner konnte es nicht und meinte er würde sich freuen wenn ich keine Rezi veröffentlich zum Buch. Tja...

    Also, ich freu mich auf die nächste Rezi oder deinen Verriss *gg*

    Liebe Grüsse
    Alexandra

    PS: Und auf eine neue, spannendere Lektüre ;)

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  4. Hallo JED,

    super gemacht! Auch ich hatte schon Rezensionsexemplare, bei denen ich echt lange saß, um wenigstens ETWAS Gutes daran zu finden. Weil ich normalerweise mit dem Positiven beginnen möchte, bevor das ABER kommt, um dem meist jungen Author nicht den Spaß an der Sache zu nehmen, jedoch aufzuzeigen, woran er noch arbeiten sollte.

    Und trotz meiner Kritik konnte ich eins der Bücher verkaufen ;) - das andere trägt leider eine persönliche Widmung des Autors... aber ich habe es ganz hinten im letzten Regal deponiert ;)

    Sei ganz lieb gegrüßt und hab ein schönes Wochenende!

    Sunsy

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  5. @ Alex

    Waaaas? Er wollte nicht, dass Du das veröffentlichst??? Das geht ja gar nicht!!! Man kann doch nicht sagen: Buchbesprechung ja, aber bitte nur, wenn sie gut ist. Boah.....das regt mich ja auch gerade auf....

    LG,
    JED

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  6. Gell... Sachen gibts!! Also mir muss er keine Bücher mehr zu lesen geben. Gut, er wird auch keine mehr schicken *lach* Ich find es irgendie befremdlich wenn ein Autor nur gute Rezis zulässt, von wegen verfälschen... Was ist denn wenn man nur gute zulässt? Also überzeugt von seinem Produkt kann der Autor ja dann nicht sein wenn er angst hat das meine bescheidene Meinung so viel Einfluss auf die Verkaufszahlen hat.

    Hm...

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  7. Danke für diese "schonungslose" und absolut ehrliche Rezension :) ! Ein guter Verriss ist doch auch mal feines und ich persönlich halte mehr davon, wenn man seine ehrliche Meinung kundtut, als nur Lobhudeleien vom Stapel zu lassen :)

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  8. @ Therry

    Ganz lieben Dank. Wenn Du wissen magst, wie es weiter ging und was man davon hat, wenn man "schonungslos" kritisiert, dann lies mal hier:

    http://jed123.blogspot.com/2011/01/in-eigener-sache.html

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