Samstag, 26. März 2011

Anständig essen - Nachlese der Autorenlesung mit Karen Duve

Gestern war ich auf einer Lesung von Karen Duve zu ihrem Buch Anständig essen: Ein Selbstversuch.


Zunächst mal muss ich sagen, dass ich sie für eine unglaublich tolle Frau halte und sehr beeindruckt von ihr war. Sie machte einen symphatischen, toughen, intelligenten Eindruck - was mich darin bestärkt hat, mal öfters zu Lesungen zu gehen und den Menschen hinter dem Buch ein wenig kennen zu lernen. Z.B. wusste ich auch nicht, dass sie vor ihrerm Leben als Schriftstellerin 14 Jahre lang Taxi gefahren ist und auch diese Erfahrungen in einem  Buch verarbeitet hat. (Taxi: Roman)

Zudem habe ich, während ich ihr zuhörte, festgestellt, dass ihr neues Buch ein Buch ist, was ich NICHT lesen DARF, sondern von dem ich mir gleich das Hörbuch holen muss - ebenfalls von ihr gesprochen. Denn dieses Buch muss man sich von ihr vorlesen lassen. Sie hat einen z.T. so feinen Humor, den kann man - denke ich - nicht immer herauslesen. Den muss man hören (Eine Frage aus dem Publikum war auch: Haben Sie das alles wirklich so gemeint oder war das Ironie?)



Aber das ist wohl ohnehin eine Phänomen, dieses Thema mit Humor zu würzen.

Karen Duve hat 2010 einen Selbstversuch gestartet und sich vom "Ich esse, was in der Tiefkühle ist" hin zum Vegetarier, dann Veganer und schließlich Frutarierer (das, was Pflanzen nur freiwillig "fallen lassen") entwickelt.
Alle Ernährungsweisen hat sie jeweils 2 Monate selbst getestet, sich dabei auch mit den jeweiligen Einstellungen beschäftigt, sie nach außen vertreten und sich selbst - nach Abschluss der Arbeiten an ihrem Buch- zur Vegetarierin entwickelt.



Viele, die gestern da waren, sagten auch, sie wären vorher schon Vegetarier gewesen und dieses Buch hätte sie dazu angeregt, nun vegan zu leben. Denn vieles, was Karen Duve recherchiert hat, kann einem nur die Lust auf Fleisch vergehen lassen (bis auf 2 Unverbesserliche, die sich gestern auf dem Weg zum Fahrstuhl nach der Lesung darüber unterhielten, wo sie denn jetzt am besten ein Pfeffersteak herbekämen - ich fasste es ja nicht!).

Ich denke, viele von uns ahnen, was mit den Tieren, die allein für unseren Verzehr gezüchtet werden passiert. Dass Kampfpreise nicht dadurch entstehen, dass Tiere besonders gut behandelt werden und dafür der Bauer halt weniger verdient. Wirklich ins Bewusstsein rücken sich das aber nur wenige. Selbst wenn man gelegntlich über die Medien mit Massentierhaltungskandalen konfrontiert wird. Irgendwann rutscht es doch wieder aus dem Bewustsein  wenn man es sich nicht immer wieder bewusst macht.
Karen Duve meinte, dass viele Details einfach auch nicht bekannt sind, sofern man sich nicht wirklich intensiv mit dem Thema beschäftigt. Und wer macht das schon, wenn ein leckeres Steak vor einem liegt und verführerisch duftet?

Karen Duve ist sogar selbst mit einigen Leuten in einen Hühnerstall eingebrochen und hat Lege-Hennen befreit - die leben, wie sie erzählte, heute auf ihrem kleinen Hof in Brandenburg. Erstaunlich, dass man soetwas öffentlich zugeben darf.....



Ich war echt baff und tief beeindruckt.

Derzeit merke ich ja selbst in der Fastenzeit, was es bedeutet, sich sein eigenes Essen bewusst zu machen. Wirklich dran zu bleiben. Gewohnheiten immer wieder zu hinterfragen. Und mir fallen schon diese (absehbaren) paar Wochen mit meinen im Vergleich doch sehr eingeschränkten Verzichtsfeldern schwer.

Symphatisch insofern die Einstellung von Karen Duve, dass sie jetzt zwar vegetarisch lebt, aber nicht ausschließen kann, irgendwann doch mal wieder Fleisch zu essen - um sich dann schlecht zu fühlen und weiter mit dem fleischlosen Leben zu machen. Das ist nur menschlich. Und ehrlich.

Richtig schwierig stelle ich mir das bei Veganern vor, die wirklich jedes einzelne Produkt danach studieren müssen, ob es zufällig mit Bienenwachs getrennt wurde. Auch davon bereichtet Karen Duve in ihrem Buch, wie sie nun Stunden dadurch beim Einkaufen verbringt.



Aber auch andere Lebensbereiche, wie etwa das Kaufen von Schuhen (Leder) wurden von ihr völlig neu überdacht.

Es war ein toller Abend, der bestimmt noch ein Weile nachwirken wird. Wobei ich mich frage (wie eine Zuhörerin auch), ob Karen Duve mit ihrem Buch eigentlich offene Türen einrennt (also bei Menschen, die ohnehin schon stark ihre Essverhalten reflektieren) oder ob sich davon auch Menschen ansprechen und inspirieren lassen, die eben auch aus der "Ich ess mal, was mir in die Hände fällt"-Ecke kommen.

Das einzige, was mich echt genervt hat und ich hoffe wirklich, die Verantwortlichen lesen das:
Da stand der Moderator dieser Veranstaltung nach ihrer Lesung mit Fragezettel wie so ein Prof. in der Prüfung, stolzierte vor ihr auf und ab und fing an sie mit Fragen zuzuknallen zum Thema Verbraucherschutz usw. - was sollte das denn? Ich an ihrer Stelle hätte mich in diesen Augenblicken unglaublich unwohl gefühlt, aber selbst dies hat sie souverän gemeistert!

3 Kommentare:

  1. Das Hörbuch habe ich mir letztens gekauft, möchte es allerdings bewusst hören und habe noch nicht den richtigen Moment abgepasst. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass ich danach am liebsten gar nichts mehr essen würde. :-(

    Liebe Grüße und Danke für den interessanten Bericht,
    Nina

    PS: Lesungen sind toll. Solltest du wirklich öfter versuchen!

    AntwortenLöschen
  2. Ich denke, es könnte auf jeden Fall zum Fleischverzicht führen. Aber das Symphatische an Karen Duve war ja, dass sie selbst für sich sagt, dass sie z.B. es nicht schafft, vegan zu leben. Und es ihr auch passieren kann, wieder Fleisch zu essen. Letztlich kommt es einfach auf das Bewusstsein an. Bewusstes Essen. So wie Du bewusst das Hörbuch hören willst. Habe ich mir am Freitag auch gleich bestellt.


    LG,
    JED

    AntwortenLöschen
  3. Hallo liebe JED!

    Interessanter Bericht. :)
    Bisher kannte ich weder die Autorin noch eins ihrer Werke.

    Ich selbst esse sehr wenig Fleisch und Fisch und kaufe die meisten Lebensmittel im Bioladen oder z.B. die Alnatura-Sachen von DM.
    Und nachdem meine Tochter eine Allergie gegen Weizen- und Roggenmehl sowie Südfrüchte und Hartkäse hat, muss ich beim Einkauf und Kochen sowieso aufpassen. ;)

    Liebe Grüße nach Berlin!
    Sabine

    AntwortenLöschen