Sonntag, 9. September 2012

REZENSION: Unter deutschen Betten

Autorin:    Justyna Polanska
Seiten:      223
Verlag:      Knaur

 

Kurzinhalt:

Justyna Polanska arbeitet seit vielen Jahren als Putzfrau in Deutschland. Ihre Erlebnisse hat sie in diesem Buch verarbeitet.


Meine Meinung:

Sowohl der Titel des Buches als auch der Klappentext sind mehr als missverständlich, wecken sie doch die Erwartungshaltung, dass sich das gesamte Buch damit befasst, was eine Putzfrau so in deutschen Wohnungen findet.

Tatsächlich hätte das "Betten" im Titel weggelassen und einfach nur "Unter Deutschen" genannt werden sollen. Denn die polnische Herkunft von Polanska (Nomen est omen?) und die damit einhergehenden Vorurteile stehen stark im Mittelpunkt des Buches.

So beschreibt sie zunächst sehr ausführlich, wie und warum sie nach Deutschland kam, was sie in ihren jungen Jahren als Au Pair Mädchen erlebt hat und später auch als Mieterin mit deutschen Nachbarn. Ferner erzählt sie auch, wie sie ihren Mann kennenlernte und ihre folgende "typisch polnische" Hochzeit u.ä. Es gibt auch einen kompletten Speiseplan eines polnischen Weihnachtessens.

Zudem kommen auch Putztipps, die sicher nicht ganz uninteressant sind (ein paar habe ich mir jedenfalls gleich notiert :o))), aber ebenfalls in diesem wenig stringentem Buch irgendwie fehl am Platze.

Die eigentlichen Anekdoten zu ihren Kunden sind nur vereinzelt gestreut und - wenn man sich das Layout des Ganzen ansieht - mehr als kurz. Noch nie habe ich ein Buch mit sovielen kurzen Sätzen und darauf permanent folgenden Absätzen gelesen (ein Satz, Absatz, ein Satz, Absatz usw....).
Den gesamten Text hätte man locker auf weniger als der Hälfte der Seiten unterbringen und somit ein paar Bäume mehr am Leben lassen können.

Zu ihrem Blick auf "die Deutschen":
Dass es immer wieder zu sexuellen Belästigungen kam, macht traurig, auf Dauer aber auch ärgerlich. Ist es wirklich das, was unsere Gesellschaft widerspiegelt? Zwar betont Polanska auch immer wieder, dass sie "auch andere" Deutsche kennengelernt hat, ein fader Nachgeschmack bleibt aber.

In gewisser Weise war ich insofern froh, dass die Autorin auch nicht frei von Vorurteilen ist, wenn sie etwa von ihrer ersten Begegnung mit einem Liebesbrief bei einem schwulen Mann schreibt.


Fazit:

Ärgerlich, da beim Leser eine falsche Erwartungshaltung geweckt wird, auch wenn die wenigen Anekdoten über die deutsche Kundschaft z.T. auch unterhalten.


2 Kommentare:

  1. *g* Ich hätte bei dem Titel auch zunächst anderes erwartet :)
    NUn ja, es gibt ja doch einige ähnliche Bücher auf dem Markt und interessieren würde es mich schon. Aber wenn das eigentlich nur hintergründig eine Rolle spielt, warum dann lesen? Außerdem: wenn es auch andere gibt, warum wird dann von denen nicht erzählt?
    Wie auch immer, kann ich mir wohl schenken.

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  2. @ Soleil

    Es gibt mittlerweile wohl auch einen zweiten Teil ("Nicht ganz sauber: Eine polnische Putzfrau räumt auf"), der insgesamt besser bewertet wurde, da sich die Autorin die Kritik wohl zu Herzen genommen hat. Habe ich selbst aber noch nicht gelesen.

    LG;
    JED

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