Freitag, 25. Januar 2013

REZENSION: Chill mal, Frau Freitag


Autorin: Frau Freitag

Verlag: Ullstein

Seiten: 336



Leseprobe: klick hier (pdf)


Kurzinhalt:
Frau Freitag ist Gesamtschullehrerin irgendwo in einer deutschen Großstadt und erzählt in diesem Buch von ihren alltäglichen Erlebnissen im ihrer Ansicht nach "schönsten Beruf der Welt".
Ursprünglich entstanden aus einem Blog (http://fraufreitag.wordpress.com/) sind die Erzählungen episodenartig aneinandergereiht, aber deswegen nicht weniger unterhaltsam.

Meine Meinung:
"Chill mal, Frau Freitag" erzählt angenehm unaufgeregt aus dem Alltag einer Gesamtschullehrerin, der man vor allem eines anmerkt: dass sie die Liebe zu ihrem Beruf und vor allem zu ihren Schülern trotz aller Widrigkeiten noch nicht verloren hat.

All die Anekdoten, die sie von ihrer Klasse erzählt, erzählt sie nie auf eine Art und Weise, in der sie Schüler vorführt, sondern man merkt ihr stets das Verständnis für ihre pubertierenden 9.Klässler mit meist Migrationshintergrund an, die oft größere Probleme Zuhause haben als vergessene Hausaufgaben. Auch wenn das ihren Beruf massiv erschwert.

Dass Schule ein so großer Spaß ist, dass sie sich in den Ferien in tiefste Depressionen langweilt, wie sie in einem Kapitel ernsthaft behauptet, nimmt man Frau Freitag dann auch nicht so ganz ab.

So blitzen mit jedem Umblättern die tatsächlichen Probleme einer Lehrerin durch, aber es hätte die Stimmung des Buches verändert, wäre sie darüber ins Jammern geraten. So führt sie zwar verschiedene Dinge an, jedoch auch hier oft mit zwinkernden Augen, etwa wenn sie von der perfekten Klasse träumt oder von neuen Unterrichtsfächern, in denen ihre Schüler sicher großartig wären, wie z.B. "Schwänzen" etc.

Auch die lieben Kollegen werden nicht unironisch betrachtet. Letztlich vielleicht das einzige Mittel, um im Schulalltag zu überleben.

Sprachlich scheint sie sich mit fehlenden Artikeln und zahlreichen mit "voll" angereicherten Adjektiven (voll toll, voll nett etc.) allerdings ziemlich ihren Schülern anzunähern.
Zwar gibt sie zu, gelegentlich Deutschlehrer für sprachliche Fragen konsultieren zu müssen, für eine Frau mit abgeschlossenem Lehramtsstudium wirkt das dennoch befremdlich oder will sie auf die Art auch sprachlich die Nähe zu ihren Schülern demonstrieren? (Oder zur Leserschaft ihres Buches?)

Insofern hat mich auch der Umgangston z.T. doch auch sehr irritiert, den sie im Klassenzimmer führt und der hier (schon zensiert?) wiedergegeben wird mit etwa "Halt die Backen" oder "Du stehst doch sowieso schon mit einem Bein im Knast" oder einfach "Raus" etc.

So bleibt beim Lesen die Frage: Ist das noch Pädagogik oder das Eingestehen des Unmöglichen? Oder etwa doch beginnendes Abstumpfen im Beruf im alltäglichen Umgang mit Beschimpfungen, die sich gegen einen selbst richten?

Immerhin führt sie in einem Kapitel die Unterschiede zwischen Lehrerreaktionen und menschlichen Reaktionen an und bringt damit die wichtige Überlegung in ihr Buch mit hinein: Macht das den Lehrer als solchen letztlich krank, dass er nie "menschlich" reagieren darf?

Insgesamt darf man über ein Schuljahr Frau Freitag (vom Verlag als "unerschrockene Lehrerin" betitelt) und ihre Klasse verfolgen: Zensurenkonferenzen, Elterngespräche, Ausflüge, Wochenenden oder einfach den alltäglichen Wahnsinn.

Fazit:
Insgesamt dennoch ein bewundernswerter Blick auf wohl einen der schwierigsten Berufe der Welt. Unbeantwortet bleibt für mich die Frage: Wie schafft sie es bei all dem ihren Humor zu bewahren?
Oder liegt letztlich alles an der Betrachtungsweise?



 Es gibt auch noch einen Nachfolgeband ("Voll streng, Frau Freitag!: Neues aus dem Schulalltag "), aber hier geht es erstmal zum ersten:
 

3 Kommentare:

  1. Das Buch kannte ich nicht, ich hab aber ein anderes, weiss grade nicht mehr wies heisst, auf meiner Wunschliste.

    Ehrlich, ich bewundere Lehrer die noch mit Herz und Seele dabei sind, die gibt es echt nicht mehr so viele.

    Danke für den Tipp, werd mir das Buch mal genauer anschauen ;)

    Wünsch dir noch ein entspanntes Weekend!

    Liebe GRüsse
    Alex

    AntwortenLöschen
  2. Hi Alex,

    kann das Buch nur empfehlen, da man es echt "so nebenbei" lesen kann und keine riesigen Handlungsstränge hat.

    LG,
    JED

    AntwortenLöschen
  3. Tolle Rezi! :)
    Klingt für mich wirklich sehr lustig.

    Bin gerade aus Zufall auf deinen Blog gestoßen und super begeistert! Freuen uns, wenn du mal bei uns vorbeischaust.
    Sind immer glücklich über neue Leser und Kommentare! ;)

    LG, Fina

    AntwortenLöschen