Dienstag, 29. April 2014

REZENSION: Brief an mein Leben (HÖRBUCH)

Titel: Brief an mein Leben: Erfahrungen mit einem Burnout
Autorin: Miriam Meckel
Länge: 4 CDs,  288 min. (gekürzte Lesung)

Sprecherin: Miriam Meckel


Kurzinhalt:

Miriam Meckel, ihres Zeichens Medienwissenschaftlerin, Professorin, Publizistin und die Lebensgefährtin von Anne Will, erlitt mit 42 Jahren einen Burnout:
 
«Ich war fünfzehn Jahre um die Welt gereist, hatte gearbeitet, geredet, geschrieben, akquiriert, repräsentiert, bis der Arzt kam. Im Wortsinne. Ich habe keine Grenzen gesetzt, mir selbst nicht und auch nicht meiner Umwelt, die zuweilen viel verlangt, mich ausgesaugt hat wie ein Blutegel seinen Wirt. Und das meiste von dem, was ich gemacht habe, hat mir tatsächlich Freude gemacht … Aber ich habe in alldem nicht die aristotelische Mitte finden können zwischen dem ‹Zuviel› und dem ‹Zuwenig›. Nun war ich plötzlich stillgelegt, wiederum im Wortsinne …»

Meine Meinung:

Nun sollte es also mal ein Sachbuch für die Hörbuch-Challenge sein. Über Burnout. Von einer Betroffenen. Ein Thema, mit dem ich mich durchaus identifizieren kann.
Umso entsetzter war ich, was Frau Meckel (dank ihrer Prominenz?) daraus gemacht hat.

Schon das an den Anfang gestellte Zitat aus der Süddeutschen, dass Burnout eine Krankheit für Gewinner sei (im Gegensatz zu Depressionen), lässt einen fast sprachlos zurück. Ist es das, womit sich Frau Meckel identifizieren möchte: sie ist eigentlich eine Gewinnerin?

Damit unterschlägt sie, dass Burnout eine Form der Depression ist - tatsächlich fällt der Begriff nie im ganzen Buch.

Dafür ist es voll von weiteren Zitaten. Von Thomas Mann, Studien der Harvard Uni, wahlweise auch mal Douglas Adams. Hier will jemand zeigen, wie belesen er/sie ist und man wundert sich, dass die Burn out-Geplagte Zeit hatte, soviel Philosophisches zum Thema in sich reinzupumpen und hier nun auch zum Besten zu geben.

De facto schrieb sie in der Klinik dieses Buch zum Thema. Die Publizistin publizierte wieder. In einer Zeit, in der sie sich eigentlich um sich kümmern sollte.

Aber ist das der richtige Ansatz? Bzw. nicht genau das Problem von Ausgebrannten?

Tatsächlich bekommt man beim Hören den Eindruck, dass Frau Meckel die Zeit in der Klinik, um die es in diesem Buch hauptsächlich geht (woher der Titel des Buches kommt, ist mir bis zum Schluss ein Rätsel geblieben), anders genutzt hat, als solche Aufenthalte eigentlich vorsehen.

Da spricht sie vom "Kommunikations-Stubenarrest", bei dem sie ganz für sich allein im Zimmer Nabelschau betreiben soll, ohne äußere Ablenkungen durch Radio, Buch, Fernsehen oder andere Menschen - und was sie dann macht, ist u.a. die Punkte in ihren Augen verfolgen, wenn sie diese nach rechts oder links bewegt.

Das mag symptomatisch sein für Menschen, die plötzlich ausgebremst werden und mit ihrer Zeit nichts anzufangen wissen, aber muss der Leser/Hörer das 1:1 verfolgen? Mir hätte es gereicht, wenn sie davon berichtet hätte, welche Schwierigkeiten sie mit dieser Ich-Zeit hatte.
Doch nichts dergleichen. Stattdessen ellenlange Berichte über ihr Augenjogging, die Aussicht aus dem Fenster, der Tee, dessen Wasser verkalkt ist, der Schnee, der fällt, die Posen, bei denen ihrer Beine einschlafen.

Das bin ich auch. Mit absoluter Sicherheit bei diesem Hörbuch. Wenn ich mal wieder schlaflos war: Miriam Meckel auf die Ohren - fertig.


Fazit:
Was bleibt ist ein schaler Nachgeschmack, verbunden mit der Frage, warum die Autorin nach all ihren Erkenntnissen eigentlich dieses Hörbuch auch noch selbst sprechen musste und sich damit noch zusätzliche Arbeit aufgebürdet hat.

Oder nun als "Expertin" für Burnout durch die Gegend reist (und auch durch diverse Fernsehsendungen tingelt), da sie sich im Buch mit der Überlegung rumschlägt, vor lauter Reisen entwurzelt zu sein.

Frau Meckel ist vor allem eins: Ein absolutes Anti-Beispiel für ein Zurück aus dem Burnout. Das sind keine "Erfahrungen mit einem Burnout", sondern damit, wie man es nicht machen sollte!

3 Kommentare:

  1. Das klingt nach einem Fall von "nur gut, dass das Hörbuch gekürzt ist". Ich bekomme nicht sehr viel von Talkshows mit, aber die Dame habe sogar ich im Fernsehen mit ihrem großen Thema gesehen - und jedes Mal in sehr kurzer Zeit umgeschaltet, weil sie mich eher aufbrachte als informierte. Gut zu wissen, dass das Hörbuch immerhin als Einschlafhilfe taugt. ;)

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  2. @ Winterkatze

    Mich hat das auch total aufgeregt. Vor allem frage ich mich ernsthaft, ob sie eigentlich gar nicht merkt, WAS sie da macht. Oder tatsächlich einfach derart ruhelos ist, dass sie nicht einfach mal die Klappe halten und sich auf sich besinnen kann.

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  3. Ach du Schreck, das würde ich mal Versagen auf ganzer Linie nennen - beim Zu-sich-Kommen und beim Produzieren eines Buches über Burnout. Danke für die Warnung!

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