Montag, 9. Mai 2011

REZENSION: Die Goldspinnerin

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Erstes Buch aus dem Bereich:  Spätmittelalter (14. – 15. Jahrhundert)

Autor:    Gerit Bertram
Verlag:  Blanvalet
Seiten:   510



Erster Satz:
Warum sie sich an diesem Tage in der Menge treiben ließ, Christin würde es später nicht mehr sagen können.

Kurzinhalt:
Christin  Bremer betreibt mit ihrem Mann eine Goldspinnerwerkstatt im Lübeck des 14. Jahrhunderts. Als sie schwanger wird, scheint das Glück der beiden perfekt.
Doch das Blatt wendet sich ganz plötzlich.
Kurz nach der Geburt ihrer Tochter Elisabeth stirbt Christins Mann und Christin wird des Mordes an ihm angeklagt. Bei lebendigem Leibe soll sie begraben werden.
Zwar wird Christin von dem Henkerssohn Baldo in letzter Sekunde gerettet. Doch fortan sind beide auf der Flucht. Dabei möchte Christin nur eins: ihre Unschuld beweisen und ihre Tochter zurück.

Meine Meinung:
Würde dieses Buch nicht permanent von unglaubhaften Zufällen bestimmt, es hätte durchaus 5 Sterne verdient.
Aber was sich das Autorenduo (hinter dem Pseudonym verbergen sich Iris Klockmann und Peter Hoeft, die sich in einem Internet-Schreibforum kennengelernt haben) dabei gedacht hat, hinter jeder Hausecke - egal an welchem Zipfel der Welt man sich gerade befindet - genau den Menschen auftauchen zu lassen, den es zum Fortgang der Handlung braucht, weiß ich auch nicht.

Was ich aber weiß ist, dass mich das bald unglaublich genervt hat.
- Christin wird verfolgt? - Prompt wird zu von einem plötzlich auftauchendem Helfer in die rettende Hausecke gezogen.
- Christin sucht bestimmte Personen, die am Mord ihres Mann beteiligt waren? - Schon trifft man genau diese (obwohl in einem völlig anderem Land) im nächsten Gebäude an und sie unterhalten sich natürlich genau über das, was es gebraucht hat.

Die Liste ließe sich beliebig fortführen.
Das Leben ist nicht so! Das Mittelalter erst recht nicht. Christin hat - gerade als Frau - oft zuviel Glück, als dass man das noch als realistisch empfinden kann.
So wirkt es z.B. einfach nur lächerlich, wenn Piraten eine Frau an Bord eines gekaperten Schiffes entdecken und nichts anderes mit ihr anzufangen wissen, als (ACHTUNG, SPOILER) sie natürlich unversehrt freizulassen.

Hinzu kommen fantstische Elemente, die es in einem Mittelalter-Roman nicht auch noch zusätzlich gebraucht hätte: Christin hat heilende Hände, ihr Bruder ist Hellseher - wozu? Gibt es keine anderen Möglichkeiten, Spannung aufzubauen und in einer Handlung voranzukommen?

Die Geschichte hat das Potential auch ohne all dies sehr spannend zu sein. Die Reise der beiden Hauptfiguren führt durch die hanse bis in das mittelalterlich Polen, wobei sie viele interessante Menschen treffen. Das Autorenduo hat das Talent, Figuren zu entwickeln und sich sehr mit der historischen Materie beschäftigt, was auch der Glossar der mittelalterlichen Begriffe am Ende sowie die historische Karte von Lübeck beweist.

Wen all das kritisch Vorgebrachte nicht stört, der wird mit diesem Buch auf jeden Fall gut unterhalten sein. Man trifft einen Querschnitt durch die gesamte mittelalterliche Bürgerwelt: Könige, Bettler, Gaukler, Huren, Handwerker, Bauern.
Einzig das titelgebende Goldspinnen spielt nur am Anfang des Buches eine Rolle.

Fazit:
Zu zufallsbeladen, zu fantastisch - dabei durchaus spannend und wunderbar geschrieben.


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