Montag, 21. Mai 2012

REZENSION: Vielleicht fühlt sich Liebe so an


Titel:              Vielleicht fühlt sich Liebe so an
Autorin:       Antonia Becker
Seiten:           222
Verlag:           Krug & Schadenberg

Kurzinhalt:

Als Lynn am Bahnhofsschalter steht, fällt ihr ein junger Mann ins Auge, von dem sie sich sofort angezogen fühlt. Erst als ER sich umdreht, wird klar, dass es sich um eine Frau handelt, die Lynn in ihren Bann zieht.

Es ist nicht das erste Mal, dass ihr Frauen gefallen, obwohl sie sich ganz bewusst in einer Beziehung mit einem Mann befindet. Aus Angst vom „normalen“ Leben abzuweichen. Doch ist das dann überhaupt ein Leben?

Doch Lynn lässt der Gedanke an diese Frau nicht mehr los, zumal sie ahnt, dass sie eine Entscheidung über ihr weiteres Leben treffen muss, welches ihr irgendwie falsch erscheint.  Insofern nutzt sie die Chance, als sie die Unbekannte, Sascha, zufällig in einem Buchladen wiedersieht.



Meine Meinung:

Schon der Titel ist eine regelrechte Aufforderung an die Leserin, darüber nachzudenken, wie sich denn Liebe anfühlt, wenn sie sich „vielleicht so anfühlt“?

Und was beinhaltet überhaupt dieses „vielleicht so“?

Diese Unsicherheit über das wohl bewegendste Gefühl der Menschen beschäftigt auch die beiden Protagonistinnen. Jede für sich gefangen in einer Beziehung, die die titelgebende Frage offenbar noch nicht abschließend beantwortet hat. 
Sondern eher von Neuem aufwirft, als sich Lynn und Sascha über den Weg laufen.

Lynn, die grundsätzlich in Frage stellt, ob ihre Beziehungen zu Männern das sind, was sie glücklich macht. Und Sascha, die schon von der Schulzeit an mit Katja zusammen ist – festgefahren und nicht mehr glücklich.

Ist es der Reiz des Neuen, dass beide in der anderen etwas zu sehen glauben, was diese nicht wirklich ist?

Denn während Lynn sich nach dem wahren (lesbischen) Leben sehnt, dass sie so lange unterdrückt hat, lebt Sascha weiter mit Katja zusammen und verschweigt der neuen, scheinbar so lebendigen Geliebten die Beziehung.

Da weiß die Leserin mehr. Aber auch nur aus dem ersten Kapitel.

Es ist ein interessanter Kniff der Autorin, dass nach diesem Anfang ein Zeitsprung erfolgt und nun fast das komplette Buch aus der Sicht von Lynn geschrieben ist. Die ältere Sascha bleibt dadurch fremd, ihre Motive setzen sich nur so nach und nach mit jedem Umblättern zusammen – die gleiche Fremdheit, die man wohl irgendwann bei jedem Menschen empfindet, da man niemandem so nahe kommen kann, dass man den anderen völlig versteht.

Obwohl Sascha auch niemanden zu nahe an sich heranlässt.

Insofern bleibt der titelgebende Zweifel bei der Leserin bestehen, obwohl frau atemlos weiterblättert in der Hoffnung auf eine abschließende Antwort.

Eingebettet sind die beiden authentischen Protagonistinnen, die auch noch rauchen und saufen dürfen, in ein wunderbar glaubwürdiges und menschelndes Umfeld, welches dieses Buch noch zusätzlich unterhaltsam macht.


Fazit:

In dem Buch stecken neben der titelgebenden Frage noch einige andere interessante Problemfelder, die vielen lesbischen Frauen aus der ComingOut-Phase nicht unbekannt sein dürften (Tausche ich die Liebe zu einer Frau gegen mein Leben in der „Normalität“? Ist der Schein wichtiger oder das Sein? Und was macht eine Frau überhaupt aus?) – es bleibt der Leserin überlassen, auf einige eine Antwort zu finden. Insofern wirkt das Buch durchaus noch eine Weile nach.

Gewohnt hoher Anspruch von Krug & Schadenberg. Absolute Leseempfehlung!

 mit:













1 Kommentar:

  1. Hach, wie schön! Super, wunderbar! Eine solche Besprechung bringt den Arbeitstag, der heute etwas mühsam anlief - schlecht geschlafen -, nun doch sehr in Schwung! Dankeschön!
    Beste Grüße
    Andrea Krug
    Verlag Krug & Schadenberg

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