Samstag, 9. Juni 2018

REZENSION: MS Mord



Autor: Mick Schulz
Seiten: 278
Verlag: Gmeiner

Kurzinhalt (Verlagstext):

Das Kreuzfahrtschiff »MS Mythos« ist auf dem Weg von Kiel nach Norwegen - die unbewältigte Vergangenheit der Passagiere im Gepäck. An Bord befinden sich der Verleger Holk Sonntag, der glaubt, schuld am Tod seiner Tochter zu sein, Guntram Fellner, ehemaliger Soldat der Wehrmacht, der ein finsteres Geheimnis hat und Rentner Jürgen Wörner, der sicher ist, in einem der Passagiere seinen Stasi-Peiniger wiedererkannt zu haben. Margo Sebald will sich nur erholen. Doch als der junge Joan von der Service Crew plötzlich verschwindet, heftet sie sich an seine Spuren. Die Lage an Bord spitzt sich zu ...

Meine Meinung:
Wer eine Reise macht, der kann viel erzählen. Neue Orte und Begegnungen mit Menschen führen zu neuen Erfahrungen und Erinnerungen. Eine Kreuzfahrt ist dabei etwas Besonderes, da sowohl die besuchten Orte als auch die Begegnungen mit Menschen oft sehr gedrängt und komprimiert stattfinden.

Tatsächlich hat die Rezensentin, bevor sie begeistert zu diesem Buch griff, ebenfalls eine Kreuzfahrt nach Norwegen unternommen und war erfreut, einige Häfen in dieser Geschichte wiederzufinden.

Mick Schulz schickt seine Protagnisten jedoch auf eine Kreuzfahrt, auf der die besuchten Orte nicht im Mittelpunkt stehen, sondern auf der sie mit Betreten des Schiffes vor allem auf ihre eigenen Gedanken zurückgeworfen sind, die stark von der Vergangenheit überschattet werden.

Tatsächlich ist es ein interessanter Kniff des Autors eine Kreuzfahrt für seinen Krimi zu wählen und damit seine Figuren regelrecht einzuschließen in diesem letztlich begrenzten Gebiet Schiff, das oft längere Zeit auf See verbringt und auf dem jeder letztlich auf seine Art eingezäunt ist.

Das allein birgt bereits Sprengstoff, Begegnungen können explosiv werden.

Zumal Mick Schulz' Figuren bereits bei der Einschiffung im wahrsten Sinne des Wortes schweres Gepäck mit sich herumtragen, wie so nach und nach klar wird.

Ähnlich wie beim allseits bekannten „Traumschiff“ werden auch in diesem Krimi die Hauptpersonen am Abfahrtshafen in Kiel zunächst vorgestellt, wobei der Autor den Leser bereits einige Abgründe erahnen lässt:

Da ist Margo Sebald, die diese Reise nach einer überstandenen Krankheit macht.

Das Verlegerehepaar Holk und Winnie Sonntag, die sich auffällig aus dem Weg gehen.

Der alte Guntram Fellner, der von seiner Enkelin betreut wird, da er kaum noch selbst für sich sorgen kann.

Und Jürgen Wörner, dem die Stasi einst übel mitspielte.

Es wird deutlich, dass jeder von ihnen diese Reise aus einem anderen Grund macht - und jeder von ihnen in den Weiten der norwegischen Fjorde auf seine eigene Geschichte zurückgeworfen wird. Das, was Mick Schulz sich da an gelebtem Leben für seine Figuren überlegt hat, ist bereits jede für sich genommen erschreckend und wirkt beim Leser lange nach.

Der Autor lässt dafür seine Hauptfiguren wie auf einer Art Karussel mit ihren Schicksalen immer wieder abwechselnd an einem vorbeiziehen. Dies macht er so geschickt, dass man bald nicht mehr darüber nachdenken muss, von wem gerade die Rede ist, da sich die gewählte Reihenfolge nie ändert. Auch dann nicht, wenn sich die Wege des einen auch einmal auf dem Schiff mit denen der anderen im wahrsten Sinne des Wortes „kreuzen“.

Und obwohl so nach und nach die verschiedenen Schicksale und Vergangenheiten aufgedeckt werden, die Geschichte immer komplexer wird, gelingt es dem Autor, den Leser dabei an Bord zu halten, ohne dass die Handlungsstränge verwirrend werden.

Je länger die Reise andauert, umso mehr steuert das Schiff auf einen fulminanten Abschluss hin, mit dem man selbst als erfahrener Krimileser nicht rechnet.

Fazit:

Hält die Spannung bis zum Schluss. Der Leser wird mit auf eine spannende Reise genommen, die völlig andere Einblicke gibt, als man zunächst angesichts der norwegischen Fjorde auf dem Cover vermuten möchte.

2 Kommentare:

  1. Ich mag ja Krimis, die auf engem Raum stattfinden (mit ein Grund, warum ich eine bestimmte Sorte britischer Krimis immer wieder lesen kann). Aber ich fürchte, dass mich der Nazi-Hintergrund der Geschichte eher abschreckt. Grundsätzlich bin ich etwas übersättigt, wenn es um Handlungen geht, die sich um das Thema drehen - vielleicht tue ich dem Autor da unrecht, aber es fühlt sich ein bisschen so an, als ob er einen Konflikt in der Vergangenheit gesucht hat, der den Leser mitnimmt und ihn nicht viel Mühe bei Konstruieren des Hintergrunds kostet.

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    1. @ Konstanze

      Hmhh, der "Nazihintergrund" ist eigentlich kaum im Mittelpunkt, ich fand die DDR-Stasi-Geschichte sehr viel präsenter, aber auch hier gilt: Letztlich hat jede(r) seine/ihre eigene Vergangenheit.
      Aber mir geht es wie Dir: abgeschlossene Räume bieten eine ganz besondere Spannung.
      LG, JED

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