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Donnerstag, 6. Februar 2020

REZENSION: Und wo warst Du?

Titel: Und wo warst Du? (LINK zu AMAZON)
Autorin: Freya Klier (Herausgeberin)
Seiten: 272 Seiten
Verlag: Herfer Verlag

Kurzinhalt: 

Am 9. November 2019 jährt sich der Tag des Mauerfalls zum dreißigsten Mal. Zeit für ein Resümee der ganz eigenen Art. Die politischen Hintergründe des Mauerfalls wurden schon zur Genüge beschrieben. Aber wie haben die Menschen diesseits und jenseits der Mauer konkret diesen Tag erlebt? Welche Träume und welche Ängste haben sie damit verbunden? Und was ist aus den Träumen und Albträumen geworden? Die Bürgerrechtlerin und Mitbegründerin der DDR-Friedensbewegung und bekannte Autorin und Filmemacherin Freya Klier hat für dieses Buch die unterschiedlichsten Menschen angesprochen und ihnen die Frage gestellt: »Und wo warst du?« So ist ein schillerndes Panorama deutsch-deutscher Geschichte entstanden.

23 Zeitzeugen lassen den Leser einen Blick in ihre Seele werfen. Sie eröffnen einzigartige, persönliche und berührende Perspektiven. Neben bekannten öffentlichen Personen wie Bernhard Vogel oder Guy Stern kommen Menschen zu Wort, die außergewöhnliche Leben vor und zum Zeitpunkt der Wende in der DDR führten, u.a.

Meine Meinung:

Der Titel im Zusammenhang mit dem Coverbild impliziert die Frage, wo man am Tag des Mauerfalls war, was sicher jeder von uns noch weiß, der diesen Tag erlebt hat.

Aber in diesem Buch geht es nicht nur um den 9.November 1989.

Faktisch ist es in 3 Teile unterteilt, die chronologische Abschnitte der Mauer repräsentieren:
1. Der lange Weg zum Fall der Mauer
2. Aufbruch in die Freiheit
3. Deutschland in Zeiten der Wiedervereinigung

In jedem Teil kommen Menschen zu Wort, die zum größten Teil in der DDR aufgewachsen sind und erzählen, wie sie die unterschiedlichen Abschnitte erlebt haben. Aber auch der Blick "aus dem Westen" über die Mauer wird nicht vergessen.

Darunter sind nicht nur "Normalbürger", sondern auch bekannte Personen des öffentlichen Lebens (Bernhard Vogel, Guy Stern), aber auch Menschen, die einen ungewöhnlichen Weg gegangen sind, wie etwa Astrid Proll (lernte als Einundzwanzigjährige Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof kennen und schloss sich in den frühen Siebzigerjahren der RAF an), Ingo Hasselbach (ist der bekannteste Aussteiger aus der Neonaziszene) , Burkhart Veigel (agierte bis 1970 als Fluchthelfer vom Westen aus. Er erhielt im Jahr 2012 das Bundesverdienstkreuz).

Diese Mischung der Menschen, die zu Wort kommen, soll ein breites Spektrum repräsentieren, kann aber letztlich immer nur eine subjektive Sicht auf DIE DDR sein, die jeder letztlich wohl anders erlebt hat und entsprechend auch anders bewertet. Manchmal steht der private Blick im Mittelpunkt, (für mich die ergreifendsten Geschichten) der weit über das hinaus geht, was jeder mittlerweile x-mal in Fernsehen und Presse sehen konnte, manchmal mehr der politische.

Zudem darf man auch nicht vergessen, dass diese Bewertung, wie auch die Erinnerungen, 30 Jahre nach dem Fall der Mauer erfolgen. 
Erinnerungen verschwimmen mit der Zeit und auch manche Emotionen scheinen in manchen Berichten regelrecht verloren.

30 Jahre nach dem Mauerfall leben wir auch in einer Zeit, in der speziell in Ostdeutschland Pegida erstarkt. Es zeugt von der Vielschichtigkeit der versammelten Zeitzeugen, dass auch ein Pegida-Anhänger in diesem Buch zu Wort kommt.

Geschichte kann letztlich nie isoliert betrachtet werden und das Heute ist letztlich immer ein Ergebnis des Gestern.

Behält man dies im Hinterkopf, so kann man sich einlassen auf eine Zeitreise mit anderen Menschen zurück in ein Land, das längst nicht mehr existiert und dennoch so stark bis heute nachwirkt. An vieles konnte ich mich durch die Erzählungen ebenfalls wieder erinnern, einiges habe ich anders erlebt oder empfunden, manches war mir fremd.

Aber letztlich macht genau dies Geschichte und Erinnern aus: Es ist stets ein multiperspektivischer Blick, der nur in der Gesamtheit ein Bild entstehen lassen, was letztlich nie wirklich die komplette Realität abbildet. Und dennoch hilft es, sich zu erinnern und nicht zu vergessen.

Dass gerade Freya Klier, die Mitbegründerin der DDR-Friedensbewegung dieses Buch herausgegeben hat, schließt den Kreis. Ihre einführenden Worte erinnern an die Zeit, als niemand sich vorstellen konnte, dass es die DDR bald nicht mehr geben wird und dennoch es rundherum zu bröckeln begann.

Fazit:

Wichtige Rückblicke vieler Zeitzeugen, die letztlich aber nur ein Blitzlicht sein können im Erinnerungsprozess, der immer mehr verschwimmt, je länger die DDR Geschichte ist.



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