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Samstag, 23. Oktober 2010

REZENSION: Das Erbe der Königin

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Zweites Buch aus dem Bereich:  Frühe Neuzeit: Reformation und Dreißigjähriger Krieg (1517-1648)

Titel:      Das Erbe der Königin
Autor:    Philippa Gregory
Seiten:    588
Verlag:  Bastei Lübbe




Kurzinhalt:

Das Buch setzt dort ein, wo andere längst aufgehört haben: Nach dem Tod der dritten Ehefrau Heinrich VIII., Jane Seymour.

Anna von Kleve, zweite Schwester eines deutschen Herzogs, lässt sich malen und hofft dabei, dass ihr Portrait dem König gefällt und er sie zu seiner nächsten Frau nimmt.

Doch das ist nicht die einzige „Ich-Perspektive“, die der Leser verfolgen kann. Gleichzeitig nimmt man teil an den Gedanken von Jane Boleyn, der Schwägerin Anne Boleyns sowie Katherine Howards, 13jährige Cousine von Anne Boleyn.

Drei Frauen, drei Sichtweisen, die abwechselnd die Vorgänge am Hofe Heinrich VIII. bis ins Jahr 1542 betrachten und dabei ein erschreckendes Gesamtbild von einem Herrscher formen, der immer mehr zum Tyrannen wird. Sein Hof lebt mehr und mehr Angst und letztlich bleibt niemandem ein anderer Ausweg als Flucht, Tod oder Verrat.

Oder wie Anna an einer Stelle sagt: „Es scheint, dass uns in allem, was den König angeht, nur der Part der schweigenden Zustimmung bleibt.“


Meine Meinung:

Es ist als Verdienst Philippa Gregorys anzusehen, dass sie sich in diesem Buch mit den zwei (Ehe-)Frauen auseinandersetzt, über die bisher kaum etwas bekannt ist und nur wenig geschrieben wurde. Dieses Wenige hat die Autorin genutzt, um ein stimmiges und menschliches Portrait dieser Frauen und ihrer Beweggründe zu zeichnen, die sich nun an einem Hofe zu bewegen, an dem vorher schon drei Ehefrauen starben.

Tatsächlich setzt das Buch aber auch das Wissen um die Vorgänge vor 1539 voraus, sonst bleibt es schwer verständlich. Ein Zeitstrahl im Anhang wäre insofern zum besseren Verständnis nicht verkehrt gewesen.
Zum besseren Verständnis sei das Buch derselben Autorin, „Die Schwester der Königin“ empfohlen, das sich den drei vorhergehenden Frauen Heinrichs widmet: Katharina von Aragon, Anne Boleyn und Jane Seymour.

Auch ein Stammbaum der Howards und Boleyns hätte dem Buch gut getan, um einige Zusammenhänge von Anfang an zu verstehen. Schon das Auftauchen mehrerer „Katherines“ wirkt zunächst verwirrend. Der Hinweis von Philippa Gregory auf der letzten Seite, man könnte diesen auf ihrer Homepage runterladen, kam für mich zu spät. Zu dem Zeitpunkt hatte ich mir schon selbst einen ergoogelt.

Im englischen Original heißt das Buch „The Boleyn Inherintance“ – und das macht mehr als der deutsche Titel klar, um welches Erbe es sich hier eigentlich handelt.

Tatschlich symbolisieren die 3 Frauen, an deren Gedanken der Leser teilnehmen darf, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Königs. Während Anna von Kleve (Gegenwart) aus einer völlig anderen Welt in Deutschland kommt, sind Jane (Vergangenheit, da sie an den Vorgängen um Anne Boleyn bereits beteiligt war) und Katherine (Zukunft) dem Erbe Anne Boleyns verpflichtet und ihrer Familie, der Howards. Alles, was sie tun, tun sie letztlich, um ihre Familie und deren Ansehen voranzubringen.
Der König scheint in diesem Kontext nur wie ein Spielball an einem Hof, an dem andere die Fäden ziehen.

Aber je länger man das Buch liest, umso mehr stellt sich die Frage, ob diese Fäden tatsächlich nur Puppen gehörten. Denn nichts anderes scheinen die Menschen am Hofe für Heinrich zu sein: Figuren, die er immer wieder neu aufstellt, wenn es ihm beliebt.

Letztlich bleiben diese drei unterschiedlichen Frauen mit allen ihren Wünschen und Träumen Figuren in einem größeren Machtgefüge, auf deren Vorgänge sie nur bedingt Einfluss haben – auch wenn sie lange etwas anderes glauben.

Das macht das Buch so beklemmend. Der interessante Perspektivwechsel auf die verschiedenen Überlegungen und Motivationen von Anna, Jane und Katherine treiben das Buch voran auf einen nicht abwendbaren Höhepunkt zu, an dem einer buchstäblich das letzte Wort haben wird.

Leider kommt es auch immer wieder zu einigen gedanklichen Wiederholungen, was sicher menschlich ist, aber beim Lesen eher störend wirkte.


Fazit:
Dieses Buch füllt eine Lücke in der Literatur um Heinrich VIII. Ein bewegendes Bild dreier unterschiedlicher Frauen aus dem England des 16. Jahrhunderts.

1 Kommentar:

  1. Das steht auch MEGA-Fett auf meiner WL. Ich lie-be England. Ich liebe William VIII. Ich glaube sogar, ich habe zu der Zeit mal gelebt. Natürlich als Burgfräulein. Anders kann ich diese Verbundenheit mit dieser Zeit gar nicht erklären. MUSS ICH HABEN!!! Danke für die Rezi. Und fürs noch längere Nase machen...

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