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Donnerstag, 19. Mai 2011

REZENSION: Bei Anruf nackt

Autorin:   Ulrike Bornschein
Seiten:    304
Verlag:   Heyne



Dieses Buch habe ich bei einer von Euch auf dem Blog entdeckt- sie hatte es vom Grabbeltisch gezogen, mich hat es fasziniert, da es meine derzeitige Lebenssituation widerspiegelt. Daher habe ich es mir auch gleich bestellt - auch wenn ich im Nachhinein mehr als enttäuscht und desillusioniert bin.

Kurzinhalt:
Ulrike Bornschein, Anfang 40, verließ nach 3 Jahren Beziehung ihren damaligen Lebensabschnittsgefährten, als dieser verkündete: "Deine besten Tage sind rum."
Wohl auch um ihren verbliebenden Marktwert zu testen, meldete sie sich im Internet bei zwei konstenpflichtigen Singlebörsen an und setzte sich ein Limit von einem Jahr.
In dieser Zeit hatte sie mit 14 Männern Kontakt, mit 12 davon hat sie sich getroffen.
Ihre Erfahrungen verarbeitete sie in dem vorliegenden Buch, wobei es sich laut Verlag um das angeblich erste Erfahrungsbuch mit den neuen Medien als Kupplungsort handelt.


Meine Meinung:
Zunächst einmal sollte man zur besseren Einordnung des Buches (und auch der Autorin) festhalten, dass Bornschein mit diesem vermeintlich niederschmetternden  Einstiegssatz "Deine besten Tage sind um" durchaus kokettiert.
Dreht man das Buch um, erhält man den Blick auf das Foto einer strahlend schönen Blondine, die noch keine 40 sein kann.
Nun sind Autorenfotos nicht immer aussagekräftig, aber die Tendenz für das Kommende scheint deutlich: die Autorin dürfte nicht allzu große Schwierigkeiten gehabt haben, jemanden kennenezulernen - wie man dies bei dem Durchschnittssingle vielleicht vermuten möchte.
Diese Diskrepanz wird aber niemals in dem Buch thematisiert, vielmehr wartet die Autorin am Ende des Buches noch mit vermeintlich hilfreichen Tipps zur Onlinesuche auf.

Und tatsächlich, sobald sie ihre Bilder im Netz für den jeweiligen Mail-Partner frei schaltet, ist dieser meistens und hin und weg und möchte sich bald treffen. So einfach ist das also?

Hinzu kommt, dass Bornschein als Geisteswissenschaftlerin (sie wird ihren ihren Mails nicht müde, ihre Profession zu betonen) auf einem Niveau parliert, dass mir (selbst Geisteswissenschaftlerin) irgendwann echt auf die Nerven gegangen ist.
Bewusst hat sie sich bei kostenpflichtigen Agenturen angemeldet, um eine gewisse (vermeintlich geistig unterdurchschnittliche) Männerklientel von vornherein auszuschließen.
Das mag noch legitim und verständlich sein.

Wenn man aber die Mailwechsel zwischen ihr und den diversen Männern liest, fragt man sich schon, wo Frau Bornschein eigentlich damit hin will. War ihr von vornherein klar, dass sie ein Buch veröffentlichen möchte und hielt das Geschreibsel auf einem entsprechend hohen Niveau?
Oder ist es eine Form von Narzissmus, dass man den anderen mit z.T. wirklich unverständlichen Mails zuschüttet, frei nach dem Motto: friss oder stirb, ansonsten spielst Du eh nicht in meiner Liga?

Ich war erstaunt, wieviele Männer in genau dem selben Stil geantwortet haben, so dass man das Buch auch immer wieder aus der Hand legen musste, da es auf Dauer einfach nur ermüdend wurde, diesen diversen schriftlichen Ergüssen zu folgen.
Schreibt man so, wenn man sich kennenlernt und eigentlich auf gemeinsame Symphatie hofft oder geht es hier um Verbalschlachten, bei denen der Wortgewandtere als Sieger hervorgeht? Aber sind Partnerforen dafür dann das richtige Medium?

Und bleibt es da verwunderlich, dass sich hinter all den Verbalblasen immer wieder gänzlich merkwürdige Männer verbargen?

Dies als Ausgangssituation.

Das Buch gliedert sich in folgende fortlaufende Struktur:
- zunächst kann man das Profil lesen, was Bornschein von sich ins Internet gestellt hat.

- dann darf man das Profil des Mannes lesen, der ihr aktuell schreibt.
- als nächstes ist der nachfolgende Mailwechsel abgedruckt, bevor es zu einem Treffen kam. Manchmal auch SMS, falls getauscht.
- und schließlich beschreibt sie das Trefen mit diesem Mann aus ihrer Perspektive.

Fazit:
Was bleibt ist mehr als ein fader Nachgemaschmack. Als Single (möglicherweise selbst auf der Suche in diesen Börsen) sollte man das Buch auf keinen Fall lesen. Es deprimiert zu sehr.
Auch wenn die Frage bleibt, ob dies nicht einfach auch dem seltsamen Herangehen der Autorin geschuldet ist. Auf den reißerischen Titel des Buches gehe ich an dieser Stelle gar nicht mehr ein!

Wer ein Interview mit der Autorin lesen möchte: http://www.bild.de/digital/bams/dating/autorin-ulrike-bornschein-lernte-50-maenner-kennen-6459152.bild.html

1 Kommentar:

  1. Abgesehen davon, dass solche Bücher eh nicht in mein Beuteschema fallen, finde ich es auch immer ganz fürchterlich, wenn Menschen gewollt gebildet tun, ob sie es nun tatsächlich sind oder nicht. Es wirkt auf mich einfach nur nervig angeberisch, wenn Leute ihre Doktortitel etc. raushängen lassen.

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