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Sonntag, 15. Mai 2011

REZENSION: Meines Vaters Land

Schon länger für die Geschichts-Challenge beendet, nun endlich die Rezension:

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Meine Leseliste zur Challenge (KLICK HIER)

Erstes Buch aus dem Bereich:  Nationalsozialismus & Zweiter Weltkrieg (1933 – 1945)







Autorin:     Wibke Bruhns
Seiten:      387
Verlag:     Ullstein

Kurzinhalt:
Auf dem Cover des Buches sehen wir einen Soldaten in Uniform mit seiner kleinen Tochter.
Wibke Bruhn, geboren 1938, versucht sich in diesem Buch diesem Mann, ihrerm Vater, anzunähern. Er wurde hingerichtet als sie 6 Jahre alt war - im Zusammenhang mit den Verschwörern des 20. Juli 1944. Dabei war er seit 1933 in der NSDAP. Und lebte auch als Mensch in der bewegten Zeit des Ersten und Zweiten Weltkrieges.
Was war er für ein Mensch? Was war seine Geschichte?

Meine Meinung:
Bruhns hat das Glück, dass ihre Verwandten zahlreiche Aufzeichnungen hinterlassen habe: Briefe, Tagebücher, ihre Mutter führte sogar für jedes Kind ein so genanntes Kindertagebuch. Und obwohl einige Aufzeichnugnen verschwunden sind, vernichtet wurden, ergeben die noch vorhandenen ein komplexes Bild der Menschen dieser Zeit.

Die Autorin zitiert immer wieder aus diesen Schriftstücken, während sie gleichzeitig über die historischen Ereignisse spricht. Auf die Art gelingt ihr eine sehr persönliche Annäherung an eine Zeit, von der wir nun schon so viel gelesen und gehört haben. Hier aber kann man sehr exemplarisch erfahren, was bestimmte Ereignisse mit bestimmten Menschen gemacht haben. Worüber zu Hause gesprochen oder nachgedacht wurde.

Da sie nie von "meinem Vater" oder "meiner Mutter" spricht, sondern von HG (ihr Vater hieß Hans-Georg) und Else, kann man sich auch als Leser, der man nicht zu dieser Familie gehört, gut in die Figuren einfühlen, sie verstehen oder auch hinterfragen.

Denn es sind nicht immer einfache Annäherungen. Da wird in ihrem Kindertagebuch davon gesprochen, dass sie so arisch aussehe, dass sie nur einen nordischen Namen bekommen kann. Da versucht sie zu verstehen, warum niemand über die jüdischen Mitbürger schreibt, die es doch wohl gegeben haben muss, bevor sie in den dreißiger Jahren so nach und nach verschwanden.

Aber Bruhns stoppt sich auch immer in zu frühen Urteilen, da sie sich immer wieder daran erinnert, dass es leicht ist aus der Retrospektive zu denken, während die Menschen damals in eine Zeit gestellt waren, von der sie nicht wussten, wohin sie letztlich führen würde.

Sie schaut auch sehr genau auf das Wesen dieser Menschen - unabhängig von den geschichtlichen Ereignissen: Eheprobleme, Fremdgehen - nichts lässt sie aus.

Dieses Buch ist insofern auch ein Nachdenken über die Kürze eines Menschenlebens und wie es genutzt wird. Und über diejenigen, die irgendwann darauf zurücksehen. Betrifft das nicht jeden von uns?


Fazit:
Ein sehr persönliches und eindringliches Buch über die wohl ereignisreichste Zeit des 20. Jahrhunderts.


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