Montag, 8. Juni 2015

REZENSION: Eine geheime Geschichte

Titel: Eine geheime Geschichte
Autorin: Claudia Rath
Verlag: Krug & Schadenberg
Seiten: 200


Kurzinhalt:

Rebekka ist seit einiger Zeit mit Wivi zusammen, die immer wieder betont, wie wichtig ihr neben der Beziehung ihr eigenes Leben ist.
Ein Wunsch, den sicher jeder nachvollziehen kann.
Soweit, so gut. Wäre da nicht der geringe Raum, der tatsächlich für Rebekka bleibt.

Doch je mehr Rebekka sich nach Wivi sehnt, umso mehr ist sie bereit, etwas von sich aufzugeben - für ein wenig Zeit mit der Geliebten.
Dass diese immer mehr Macht über sie gewinnt, wird deutlich, als Wivi zum ersten Mal zuschlägt.


Meine Meinung:

Wer kennt ihn nicht, den Balanceakt in länger andauernden Beziehungen, der zwischen den eigenen Wünschen und denen des geliebten Menschen hin und her schwankt?
Warum nicht auch mal für die andere nachgeben, sich fügen?

Doch wann beginnt der Zeitpunkt, an dem es kippt, an dem ein Ungleichgewicht einzieht? Oft schleichend, wie in diesem Buch.

Genauso wie die Protagonistin wird die Leserin – ohne es zu merken - mitgerissen in die Abwärtsspirale einer zunehmend destruktiven Beziehung, in der bis zum Schluss von wahrer Liebe die Rede ist.
In deren Namen alles entschuldigt werden soll. Und tatsächlich viel zu viel nachgesehen wird.

Wenn nämlich nur eine sich den Wünschen der anderen beugt, beginnt die andere sich irgendwann aufzulösen. Macht sich nicht nur selbst kleiner und kleiner - sondern wird auch klein gemacht.

In diesem Fall bis hin zu physischer Gewalt.
Ein Bereich, der in der lesbischen Literatur bisher ausgespart wurde.

Die sprachliche Kraft, die Rath dabei entwickelt, nimmt einem selbst irgendwann die Luft zum Atmen.
Wie aus der witzigen Rebekka immer mehr eine Frau wird, die sich selbst in Frage stellt, deren Lebenswirklichkeit sich zunehmend einschränkt und die immer depressiver wird, ist meisterlich gelungen.

Dass dies soweit geht, dass Rebekka irgendwann regelrecht verstummt, aus ihrer Geschichte eine "geheime" wird, macht Angst und lässt dabei einen kritischen Blick auf die eigene Umwelt werfen.

Denn tatsächlich ist es nicht nur so, dass Rebekka schweigt, sondern auch, dass die anderen nicht hinhören. Hinsehen.
Während sie gleichzeitig immer wieder versichern, genau das zu tun.

Fazit:

Ein wichtiges Buch, das den Blick nach innen und außen schärft und dabei noch lange nachgeht.




2 Kommentare:

  1. Eine schöne Lesart dieses Romans!

    Herzlich,Andrea

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  2. Klingt nach einer interessanten, intensiven Lektüre. Packe ich mal auf meine Merkliste.

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