Sonntag, 12. Juni 2016
REZENSION: Blueprint (Hörbuch)
Titel: Blueprint
Autorin: Charlotte Kerner
Länge: 3 CDs, 224min.
Sprecherinnen: Sisyy Höfferer, Eva Gosciejewicz
Kurzinhalt:
Die hoch begabte Komponistin Iris Sellin ist unheilbar krank und kinderlos. Damit ihr Talent nicht mit ihr aus der Welt verschwindet, lässt sie sich klonen. Iris und ihre Tochter Siri sind damit eineiige Zwillinge und Mutter und Kind zugleich. Siri wächst in einer Beziehung auf, die es so zwischen zwei Menschen noch nie gegeben hat. Als Kopie, als Blueprint ihrer Mutter, lebt sie mit einem vorgelebten Leben und dem Auftrag, Iris und ihr Talent unsterblich zu machen.
Was aber bedeutet ein solches Leben für das Original und die Kopie? Beide sind Menschen aus Fleisch und Blut, aber wo verläuft die Grenze zwischen ihren Persönlichkeiten? Wer ist hier Ich und wer Du, wer frei und wer Sklave des anderen? Blueprint erzählt Siris Geschichte von ihrer Geburt bis zum Tod der Mutter, als Siri 22 ist. Jetzt erst und schreibend wird sie sich ihrer Besonderheit, ihres Klon-Seins bewusst; und wie Teile eines Puzzles fügen sich ihre Erinnerungen und Träume, ihre Gespräche und Gedanken zu einem neuen Bild ihrer selbst zusammen. Es ist ein schmerzhafter Prozess, aber nur so wird Siri eines Tages ICH sagen können.
Meine Meinung:
Ich habe "Blueprint" vor vielen Jahren gelesen und konnte mich erinnern, dass es mich damals schon fasziniert hat. Nun habe ich nochmal zu der Geschichte als Hörbuch gegriffen und diese noch einmal ganz neu für mich entdeckt.
Das Buch ist bereits 1999 erschienen, in einer Zeit, in der das Klonen von Menschen noch Utopie war.
Inzwischen haben sich einige Werke und Filme mit dem Thema beschäftigt, ich denke da etwa an BETA oder Die Insel.
Ihnen allen war gleich, dass sie den Klonen ursprünglich eine spezielle Existenzberechtigung zugeschrieben haben, wie etwas das "Dienen" in BETA oder als "menschliches Ersatzteillager" in Die Insel.
Siri (rückwärts gelesen: Iris) soll das Leben ihrer kranken Mutter weiterführen, wird zur Starpianistin erzogen, ohne eigenen Willen.
Dass dies nicht möglich ist und dass jedes Leben auch andere Wege gehen kann, zeigt das Buch eindringlich.
Es ist dabei chronologisch aufgebaut, von der "Zeugung" Siris bis zum Tod ihrer Mutter - und in Abschnitte unterteilt, die zeigen, wie ein Leben von der Kindheit über Jugend bis zum Erwachsensein ohnehin Entwicklungsschritte durchläuft, welche durch die Existenz als Klon noch sehr viel stärker verkompliziert werden.
Diese Entwicklung zeigt Charlotte Kerner eindringlich, differenziert und sprachgewaltig. Unterstützt wird dies im Hörbuch noch durch zwei verschiedene Sprecherinnen, wobei die Sprecherin der Siri in "Ich-Form" erzählt (so dass man dieser als Hörerin sehr viel näher ist, zumal sie meistens ihrer Mutter direkt anspricht, wie in einem Brief), die zweite Sprecherin zwar Iris meint, aber immer in der "Sie-Form".
Man leidet mit Siri, man versteht ihren Wunsch nach Individualität und Loslösen und begreift gleichzeitig die Schwierigkeiten, die sich darin auftun, wenn die Mutter zugleich die Zwillingsschwester ist. Für alle Beteiligten.
Fazit:
Großartiges Buch über das Erwachsenwerden und das Gehen eigener Wege - mit zusätzlichem Nachdenken über das Klonen und das Recht am eigenen Sein. Selten sind die Gefahren des Klonens so zuende gedacht worden.
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