Montag, 23. Januar 2017

REZENSION: Herr der Fliegen (Hörspiel)

Titel: Herr der Fliegen
Autor: William Golding
Länge: 1 CD, 58min.
Verlag: Der Audioverlag





Kurzinhalt: (Verlagstext)

Nach einem Flugzeugunglück bleibt eine Gruppe englischer Schuljungen auf einer unbewohnten Pazifik-Insel sich selbst überlassen. Am Anfang erscheint alles wie ein großes Abenteuer: Wasser, Früchte, sogar wilde Schweine gibt es reichlich. Aber bald schon beginnt die Gruppe zu zerfallen und die Jungen geraten in einen Machtrausch, der sie zu erbitterten Widersachern werden lässt.



Meine Meinung:

Um es gleich vorwegzuschicken, es macht keinen Sinn dieses Hörspiel zu hören, wenn man das Buch nicht kennt. Zu viele Sachen werden nur angedeutet, zu viele Dinge muss man sich zusammenreimen.

Das ist schade, denn oft greife ich zum Hörbuch/Hörspiel, wenn sich bei mir ohnehin die noch zu lesenden Bücher stapeln und ich abwäge, ob ich eine Geschichte lieber höre oder lese. Im Fall von "Herr der Fliegen" funktioniert das leider überhaupt nicht.

Dadurch hat mir - zumindest die Hörspielumsetzung - überhaupt nicht gefallen.

Diese Geschichte ist ohne Frage ein Klassiker, aber die Hörspielumsetzung krankt an der kaum erzählenden Sprechweise (zwar gibt es zwischendurch imemr eine weibliche Stimme, diese spricht aber zum Teil die Texte der Jungen und macht alles nur noch zusätzlich verwirrend).

Vielmehr wird oft in Reimen gesungen, was sicher innovativ sein soll (handelt es sich bei den Überlebenden doch um einen Schulchor), war für mich aber inhaltlich-akustisch kaum zu verstehen.

Die Sprecher sind keine Kinder, sondern (junge?) Erwachsene. Es wird vor allem viel geschrien, viel durcheinander geredet, viel fantasiert.
Nur der "Herr der Fliegen" selbst ist eine sich ruhende, sehr erwachsene männliche Stimme.

Auch wenn man die Geschichte ungefähr kennt, ist kaum ein roter Faden zu erkennen.
Dabei enthält  diese unglaublich viele interessante Fragen: Wie lange kann der Mensch seine zivilisatorische Erziehung aufrecht erhalten? Wann wird er zum Tier? Wer ist immer Opfer? Wer wird zum Täter.

Doch nichts davon kommt hier wirklich raus. Zwar schimmert immer mal wieder die Angst des einen Jungen vor dem anderen durch, aber was wirklich dahinter steckt, bleibt offen.

Dadurch wurde unglaublich viel Potential verschenkt.

Die Musik von Tobias Künzel (Die Prinzen) passt zwar zum "Schulchor", aber überhaupt nicht zur Stimmung des Hörspiels, sondern erinnert er an eine neue CD der Leipziger Musikgruppe.


Fazit:


Alles in allem eine totale Enttäuschung. Immerhin hat es mich dazu angeregt, jetzt endlich mal das Buch zu lesen. Vielleicht verstehe ich das Hörspiel danach dann besser.



9 Kommentare:

  1. Klingt nach einem Horror-Hörbuch :D Mir geht ja schon der Sprecher meines jetzigen Hörbuches ("Der Ring der Händler") total auf die Nerven und der röchelt lediglich rum, wenn die Figuren rumröcheln. Hörspiele wären da wohl erst recht nichts für mich.

    PS: Ich würde mich freuen, wenn du den Link im Blogroll von meinem alten auf meinen neuen Blog änderst. Natürlich nur, wenn er dir auch gefällt :)

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  2. Boah, das klingt nach einer wirklich schlecht gemachten Version. Ich finde es ja schon schlimm, wenn man bei gekürzten Hörbüchern das Gefühl hat, man würde etwas verpassen. Wenn aber ein Hörspiel - das ja theoretisch mehr Möglichkeiten bietet - so unverständlich wird, dann werde ich sauer. Dabei gibt es so gute und spannend gemachte Hörspiele (selbst bei denen, die sich Freiheiten mit dem Original nehmen).

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    1. @ Winterkatze

      Ich bin auch unglaublich enttäuscht. Der Stoff hätte richtig viel hergegeben. Keine Ahnung, was sich die Macher dabei gedacht haben. So kann man Menschen auch von Literatur wegtreiben. :(

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    2. Ich glaube, dass es eine Mischung aus "ich bin so in der Geschichte drin, dass ich nicht sehe, wenn es unverständlich wird" und "ich muss so lange kürzen bis das Ganze nur noch eine Stunde dauert" ist. Doof und abschreckend ist es auf jeden Fall!

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    3. @ Winterkatze

      *lach* Da könnte was dran sein. ;))

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  3. Schade, dass das Hörspiel so schlecht war. Ich kenne "Lord of the Flies" sowohl in gedruckter Form als auch als ungekürztes Hörbuch und finde den Roman toll. Ich hoffe, dir gefällt das Buch auch!

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  4. Oh weia! Dass Hörspiele mit dem Stoff etwas "freier" umgehen, finde ich vollkommen in Ordnung, sie haben ja meist keinen Erzähler (zumindest keinen, der so viel erzählen könnte wie im Roman) und man muss sich dann was einfallen lassen, um die Erzählstimme entsprechend zu ersetzen, aber so wie hier geht's sicher nicht. Da wurde "Lord of the Flies" offenbar ganz erfolgreich verhunzt. :-( Schade, schade, das ist so ein toller Roman.

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