Donnerstag, 2. Februar 2017

REZENSION: Neuland

Titel: Neuland
Autorin: Ildiko von Kürthy
Seiten: 400
Verlag: Rowohlt


Kurzinhalt (Verlagstext):

Die Hälfte des Lebens ist vorbei. Und jetzt ist es Zeit. Höchste Zeit. Aber wofür eigentlich?
Selbstverwirklichung, Gelassenheit, Idealgewicht? Soll ich nach meiner Mitte suchen oder nach einem großen, vielleicht letzten Abenteuer? Ist es Zeit für einen Anfang oder für ein Ende oder doch nur für eine Probestunde Pilates und eine andere Frisur?
«Neuland» ist ein Neujahrsbuch. Ein Buch für Neuanfänger und Neuaufhörer.
Ein Jahr lang habe ich mich auf die Suche nach dem besseren Leben gemacht. Yoga in der Morgensonne. Fasten mit der Prominenz. Schweigen im Kloster. Rhetorik für Führungskräfte. Digitale Entgiftung.
Ein Selbstversuch in Selbsterfahrung.
Ich habe mich auf Spurensuche in meine Vergangenheit begeben, habe Sterbende in einem Hospiz begleitet und bin uralten Albträumen und vergessenen Wünschen begegnet. Ich habe 365 Tage lang keinen Alkohol getrunken, jeden Morgen meditiert, Gitarre spielen gelernt und auf fast alles verzichtet, was richtig gut schmeckt. Ich hatte zum ersten und wohl auch zum letzten Mal in meinem Leben lange blonde Haare, Idealgewicht und monatelang keine Schokolade im Haus. Ich habe gelernt, einen Stall und mein Leben auszumisten, glücklicher zu sein, auf den Fingern zu pfeifen und manchmal auch auf mich selbst.
Noch Fragen?
«Neuland» gibt ehrliche Antworten von der Sorte, wie man sie nur einer besonders guten Freundin verzeiht.


Meine Meinung:

Das Buch beginnt kurz vor Silvester.

Eine Frau in der Midlifecrisis: Illdiko von Kürthy will es nochmal wissen und nimmt sich für das folgende Jahr vor, "Neuland" zu betreten.

Das heißt vor allem: so ziemlich alles auszuprobieren, was als heilsversprechend in einschlägiger Literatur angesehen wird:

Meditation, Selbstverteidigung, Schweigekloster, Souveränitätsseminar, Entschlackung, Yoga, Botox, Haarverlängerung, Alkoholverzicht etc.

Die Liste ist lang und wirklich abwechslungsreich zu lesen. In typischer Kürthy-Manier vor allem locker-flockig geschrieben.
Wobei mir manches zu sehr an der Oberfläche geblieben ist. Was möglicherweise auch genau an diesem "Eventhopping" liegt, was aufgrund der Kürze der Zeit letztlich nur ein kurzes Hineinschnuppern in die verschiedenen Bereiche bedeuten kann.

Folgerichtig ist das Buch in monatliche Abschnitte unterteilt, wobei jeder Monat unter einem bestimmten "Motto" steht und die Autorin etwas anderes ausprobiert.

Je länger das Jahr dauert, umso mehr wird Kürthy klar, dass sie einem Ideal hinterherrennt, dem sie nicht (mehr) entspricht. Und das auch das Leben aus Abschnitten besteht, die man durchmachen bzw. hinter sich lassen muss.

Ich war froh, als sie irgendwann (und ich in dem Fall lesend) an diesem Punkt war.
Denn mich hat vor allem dieser unglaubliche Schönheitswahn extrem genervt, der in diesem Buch eine ganze Weile Thema ist.

Kürthy ist Autorin und verdient insofern nicht explizit mit ihrem Aussehen Geld, wie etwa ein Model oder eine Schauspielerin, bei denen jeder Alterungsprozess das Ende der Karriere bedeuten kann.

Umso verwunderter ist man, wie sehr auch die Autorin (vor allem, wenn sie einem strahlend schön auf dem Cover entgegen lächelt) mit ihrem Spiegelbild hadert.
Da erscheint das vermeintliche Älterwerden in ihrem Gesicht irgendwann als bloße Koketterie und ist kaum ernst zu nehmen.
Sollte man sich nicht anderer Themen annehmen? Sind Frauen wirklich so auf das Äußere reduziert? Und wo sind eigentlich die Vorzüge, die das Älterwerden durchaus auch mit sich bringt?

Aber letztlich versucht sie sich als eine Frau "wie jede andere" darzustellen und eine entsprechende Leserschaft hier zielgerichtet anzusprechen.

Es bleibt der schale Nachgeschmack, dass sie letztlich aber eine Frau im Rampenlicht ist, die mal eben 3000 Euro für ein Wochenendsemianr hinblättern kann. Oder 9 Stunden beim Friseur verbringen.

Insofern sind sicher nicht alle Themen MEINE Themen, auch wenn ich mich - in der Mitte des Lebens - in dem einem oder anderen doch wiedergefunden habe.




Fazit:

Hut ab vor ihrem Mut, sich so vielen Dingen und Erlebnissen innerhalb eines Jahres zu stellen. Letztlich kann es aber nur ein sehr persönlicher Bericht bleiben (und erscheint insofern eher als Biographie denn als Ratgeber), aus dem jede(r) ihr eigenes Fazit ziehen muss.









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